Die trechnology GmbH war geschlossen bei der Gutehoffnungshütte (GHH) Radsatz GmbH zu Gast. Vor Ort haben wir nicht nur über die Herausforderungen der Radsatz-Fertigung und den GHH-Weg zu deren Bewältigung viel erfahren. Wir durften auch einen Blick in die Produktion der runden Dauerläufer werfen.
Wenn sich das Team der trechnology GmbH zur alljährlichen betrieblichen Zusammenkunft versammelt, ist die Tagesordnung reich gefüllt. Neben wichtigen Kernpunkten und Weichenstellungen zur Gegenwart bzw. Zukunft des Unternehmens stärken gemeinsame fachfremde Erlebnisse den ohnehin schon überragenden Teamgeist. Da unsere Herzen jedoch allesamt für den Schienenverkehr brennen, lassen wir es uns nicht nehmen, auch fachlich gemeinsam Erlebnisse und Wissen zu sammeln. Dies führte uns in diesem Jahr nach Oberhausen in die Gutehoffnungshütte (GHH) Radsatz GmbH.
Kein Rad für alles aber für (fast) alles ein Rad
Neben jahrelanger Erfahrung und großem Know-How sind Vielfalt und Flexibilität zwei wichtige Eigenschaften, die sich die GHH Radsatz GmbH bei unserem Besuch zuschreibt. So fertigt das Unternehmen auch Spezialräder für den Bergbau, für Spezialfahrzeuge und Führungsräder. Selbstverständlich lag der Fokus unseres Besuches auf den Rädern für Schienenfahrzeuge. Dr. Sven Jenne, der Leiter der Abteilungen Technik sowie Forschung und Entwicklung des Unternehmens, führte uns zunächst durch eine theoretische jedoch praxisnahe Räderkunde, bevor wir in die Produktion blicken durften.
Bereits ohne Zusatzmaßnahmen wie Radschallabsorber werden die Geräusche aus dem Rad/Schiene-Kontakt durch gummigefederte Räder deutlich gemindert. Zusätzlich profitieren Fahrzeug und Gleis von einer Reduzierung der Beanspruchung. Auch die Anwohner haben einen Grund, gefederte Räder zu bevorzugen, schließlich wird der Körperschall, der vom Schienenverkehr ausgeht, ebenfalls abgebaut. All diese Vorteile schlagen sich auch im Preis für das Rad wieder, dessen Aufbau, wie in der folgenden Abbildung dargestellt, komplexer ist, als der eines Vollrades.
Bildquelle: GHH Radsatz GmbH
Die Bezeichnung der oben abgebildeten konventionellen bzw. hocheinfedernden gummigefederten Rädern ist eng mit der Art des verbauten Gummi-Elements verknüpft. So bildet der Gummiring in GHH V15 und GHH V30 im Querschnitt ein V, das um einen Winkel von 15 bzw. 30 Grad angewinkelt ist. Genauso ist es auch beim GHH V60 mit seinem 60-Grad-Winkel. Die hocheinfedernden gummigefederten Räder, GHH ULTRA-P und GHH ULTRA-S kommen ohne Gummiring daher. Stattdessen sind in ihnen Gummipads oder -Wedges für die Federung zuständig, welche wir im Rahmen unserer Führung in die eigenen Hände nehmen konnten. Selbst unsere stärksten Team-Mitglieder konnten das Gummielement nicht gewaltsam verformen. Das ist auch gut so, denn aufgrund der hohen Lasten, die im Schienenverkehr auf die Gummi-Elemente der gummigefederten Räder wirken, ist „weiches Gummi“ weder in Bezug auf Verschleiß noch auf die Federwirkung eine Alternative.
Schallabsorber lehren Räder das Flüstern
Wenn wir von Umweltfaktoren im Schienenverkehr sprechen, denken wir zunächst über die Themen Nachhaltigkeit, den Eingriff in die Natur beim Ausbau des Schienennetzes und nicht zuletzt den wichtigen Stellenwert des Schienenverkehrs im Zusammenhang mit der Verkehrswende nach. Ein wichtiger Aspekt ist jedoch auch der entstehende Lärm, der vor allem schienennahen Einwohnern zu schaffen machen kann. Besser ausgebaute Netze bedeuten tendenziell auch mehr schienennahe Einwohner, die eine Beeinträchtigung empfinden können. Schallabsorber wirken entstehendem Lärm entgegen und können sowohl bei Vollrädern als auch bei gummigefederten Rädern zum Einsatz kommen.
Bei den Radschallabsorbern, wie sie von der GHH Radsatz GmbH entwickelt werden, handelt es sich um Elemente, welche, wie in der unteren Abbildung zu sehen, seitlich am Rad angebracht werden. Generell arbeiten diese nach dem Prinzip der Schwingungsdämpfung durch Resonanzzungen. Die Absorber sind mit unterschiedlich starken Zungen ausgerüstet. Zwischen diesen Zungen befindet sich elastisches Material mit hohem Verlustfaktor, also einer ausgeprägten Fähigkeit, Vibrationen und Körperschall zu dämpfen. Der Absorber wird auf den zu dämpfenden Körper aufgeschraubt. Schwingt der Körper, beginnen auch die Zungen zu schwingen. Mittels des Elastomers wird den Zungen Schwingenergie entzogen und in Wärme umgewandelt.
Für die Funktion von Radschallabsorbern ist es wichtig, dass diese auf den Frequenzbereich des zu dämpfenden Körpers abgestimmt sind. Schallabsorber an Stadtbahn-Rädern werden also bestenfalls auf die maßgeblichen Frequenzen von Kurvenquietschen und Rollgeräuschen abgestimmt. Eine breitbandige Wirkung wird beispielsweise durch unterschiedlich starke Zungen und damit ein Mitschwingen bei unterschiedlichen Frequenzen erreicht.
Am Markt gibt es verschiedene Absorber-Arten. Im Rahmen unserer Besichtigung der Fertigung der GHH Radsatz GmbH durften wir einen Blick auf den Sichelabsorber GHH SILENCE-PL des Unternehmens werfen. Den Namen verdankt die Absorber-Art ihren sichelförmigen Zungen. Räder mit Schallabsorber sind zwar teurer als ohne. Die Lärmminderung rückt jedoch als Anforderung immer weiter in den Fokus der Aufgabenträger, wodurch der Aufpreis zur überwindbaren Hürde werden kann.